Keine Punkte - aber gute Laune

"Endlich!" Marius Hagemann pustet einmal kräftig. "Endlich mal im fünften Satz gewonnen!" Hagemann ist die Nummer zwei des Tischtennis-Drittligisten TTS Borsum. Er hat in dieser Saison schon viele seiner Spiele erst im Entscheidungssatz abgeben müssen. "Wenn du 0:3 verlierst - okay, dann war der Gegner halt besser. Aber immer diese knappen 2:3-Niederlagen. Die nerven.

" Diesmal hat er das Glück auf seiner Seite. Wenn auch nur im Doppel. Mit Patrick Decker geht Hagemann gegen Jakub Kosowski (früher die Nummer '24 der Weltrangliste) und Robin Malessa vom Spitzenreiter 1. FC Köln mit 2:0 in Führung. Anschließend kontern die Rheinländer und gleichen zum 2:2 aus. Es steht Spitz auf Knopf. Dann aber können Hagemann und Decker den fünften Satz mit 11:9 und damit das Spiel für sich entscheiden. Im Gesamt-Match gegen den hohen Favoriten steht es jetzt 1:1. Die 120 Zuschauer in der Kaspelarena sind begeistert. 

Das Punktspiel verliert der TTS gegen Köln am Ende trotzdem mit 2:6. Aufsteiger Borsum bleibt damit weiter punktloses Schlusslicht. Aber so etwas hat die Mannschaft im Vorfeld der Saison auch erwartet. "Wir haben uns gegen Köln teuer verkauft. Alles in Ordnung", sagt Teammanager Olaf Sprung und lacht zufrieden. Die Laune auf Borsumer Seite ist offenbar trotz des letzten Tabellenplatzes sehr gelöst obwohl, so ganz dann doch wieder nicht. Denn Conny Schmidt, die Nummer drei des TTS, mischt sich ins Gespräch ein: "Wenn man immer verliert, ist nicht alles in Ordnung. Ich möchte schon mal ab und zu gewinnen. "Schmidt ärgert sich über seine Niederlage im ersten Doppel an der Seite von Patrick Landsvogt gegen die Kölner Lennart Wehking und Björn Helbing. „Mann! Wir führen im Entscheidungssatz schon mit 8:3 und verlieren ihn noch mit 9: 11." Hätten Schmidt und Landsvogt ihr Spiel nach Hause gebracht, wäre Borsum sensationell mit 3:0 in Führung gegangen, weil TTSler Patrick Decker sein erstes Einzel gegen Lennart Wehking gewinnt. "Und bei einem 3:0 für uns wäre selbst Köln unter Druck geraten. Wer weiß, wie das Gesamt-Match dann ausgeht", meint Schmidt. So aber liegt Borsum zwischenzeitlich nur mit 2: 1 vorn und verliert am Ende mit 2:6. Es ist die achte Pleite in Folge. 

Bekanntlich machten sich' die TTSler im Frühjahr die Entscheidung nicht leicht, den Sprung in die 3. Liga zu wagen. Bereits zweimal hatten sie in den vergangenen Jahren als Regionalliga-Meister freiwillig auf den Aufstieg verzichtet. Um in Liga drei richtig konkurrenzfähig zu sein, müssten sie eigentlich ihre Mannschaft mit Spielern von außerhalb verstärken. Aber das wollen sie nicht. In diesem Frühjahr wagten sie den Schritt - mit den bewährten Leuten. "Ich mache das nur mit diesen Jungs. Weil diese Truppe lange zusammen und auch menschlich klasse ist. Ich würde nie so viel Zeit.für andere Jungs investieren", sagt Teammanager Olaf Sprung. So waren auch die Ziele zu Saisonbeginn bescheiden. "Wir können in der 3. Liga in jedem Punktspiel völlig ohne Druck auflaufen, denn Favorit sind immer die anderen", so Sprung im September vor der ersten Partie. 

Die Stimmung innerhalb des Teams leidet durch die vielen Niederlagen nicht - allerhöchstens kurzzeitig. Als die Borsumer vor kurzem bei den HAZ-Medientagen zum Fototermin für die Sportler-des-Jahres-Wahl auftauchen, wird es gleich laut im Foyer der Volksbank-Arena: null Punkte, aber gute Laune. Für die Spieler ist es allemal ein Gewinn, in der 3. Liga gegen stärkere Gegner anzutreten. Unter anderem wächst Borsums Nummer eins Patrick Decker an seinen Aufgaben: 15 Einzelpartien hat er für die Mannschaft bisher bestritten und davon acht gewonnen. Ähnlich positiv ist seine Bilanz in den Doppeln mit Hagemann an seiner Seite: acht Spiele, fünf Siege. Auch die Zuschauer honorieren den Aufstieg. 120 kamen gegen Köln in die Halle. "Und wir haben uns in allen spielen ordentlich geschlagen - außer beim 0:6 gegen Lampertheim", sagt Olaf Sprung. Gut möglich, dass Borsum am Ende Letzter wird. 

Gut möglich ist es aber auch, dass im April 2019 keiner aus der 3. Liga absteigt weil (-wie so oft) niemand aus der Regionalliga aufsteigen will. Selbst als Schlusslicht hätte der TTS dann die Chance, ein weiteres Jahr auf Bundesebene mitzumischen.  Man muss natürlich erst mit allen Verantwortlichen und den Spielern sprechen, ob die das überhaupt wollen. Aber ich glaube, wir würden wollen", meint Sprung. Auch die Nummer drei Conny Schmidt hätte Lust: .Dass wir im ersten Jahr viel verlieren, kann man verkraften. Wir lernen gerade dazu. Wenn wir aber auch im zweiten Jahr in der 3. Liga immer nur auf die Mütze bekommen, sollte man es gut sein lassen." Noch sind acht Spieltage zu absolvieren. Bis zum 12. Januar haben die Borsumer jetzt aber Weihnachtspause.